Das Medienprofil zu Besuch bei “Hinz und Kunzt”

Am Dienstag, den 30. August 2022, waren wir nach der „Alternativen Stadtführung mit Chris“ zu Besuch bei dem Straßenmagazin Hinz&Kunzt. Vor dem roten Ziegelgebäude gegenüber der HAW, unweit des Berliner Tors, war ein reges Treiben, denn heute war ein besonderer Tag: die neue Ausgabe von Hinz&Kunzt war gerade erschienen und die Verkäufer:innen holten ihre Hefte zum Verkauf ab. Im Gebäude wurden wir in die erste Etage zu Annette Woywode geführt.
Frau Woywode ist Redakteurin und „Chefin vom Dienst“, weshalb sie sich vor allem auch um Organisatorisches kümmert. Schon seit ihres Studiums ist sie im journalistischen Bereich tätig. Bei Hinz&Kunzt ist sie seit 2017 festangestellt. Sie startete kurz nachdem Hinz&Kunzt mit einer Gruppe Hamburger Obdachloser vom Papst in den Vatikan eingeladen wurde.
Nach diesem persönlichen Einblick ging es darum, wie ein Hinz&Kunzt Magazin zustande kommt. Die Redaktion an sich ist nicht hierarchisch organisiert. So gibt es seit 2020 keinen Chefredakteur mehr, sondern die Redakteur:innen arbeiten und entscheiden gleichberechtigt. Auf einer monatlichen Konferenz, auf der sich die gesamte Redaktion versammelt, werden Dinge wie z.B. der Schwerpunkt des Monats besprochen.
Das 60-seitige Magazin wird jeweils drei Monate im Voraus geplant. Ziel ist es, dass es eineinhalb Wochen vor dem Drucktermin fertig ist – „Pleiten-Pech-Pannen-Puffer“.
Frau Woywode gestand, dass sie den Namen Hinz&Kunzt nicht wirklich mag, weil er sehr „altbackend“ klänge. Trotzdem sei er aber passend, denn das Hamburger Straßenmagazin sei ein Magazin für Hinz und Kunz, für jedermann. Damit es wirklich für jedermann ist, müsse, so Frau Woywode, es auch ein breites Spektrum von Inhalten abdecken – von Politik bis zu Kunst und Kultur.
Im Bereich Kultur will man besonders auf günstige Angebote aufmerksam machen, welche sich „Hinz-und-Kunz“ auch leisten kann. In der aktuellen Septemberausgabe geht es um den Schwerpunkt „Wald“. Ein Thema das gute Laune macht, aber natürlich auch mit kritischen Themen verbunden ist – man denke nur an die Waldbesetzungen, die Abholzung usw.
Nachdem auf der Konferenz das Magazin geplant wurde, erhält jede:r Mitarbeiter:in konkrete Aufträge: es müssen Bilder geschossen, Informationen gesammelt und Texte geschrieben werden. Sobald dies geschehen ist und durch das 4-Augenprinzip geprüft wurde, kann die Artdirektion beginnen, die Seiten des Magazins „zu bauen“. Diese Seiten werden dann von der Redaktion geprüft und es geht an die Feinarbeit, danach gehen die Seiten wieder an die Artdirektion, welche sie überarbeitet und dann an die Lithographie sendet und für den Druck angepasst. Daraufhin gelangen sie wieder an die Redaktion, wo ein Lektorat das ganze Magazin nochmal Korrektur liest. Noch ein letztes Mal geht das Magazin an die Artdirektion, die die kleinsten Details – wie Zeilenabstände, Nummerierungen usw. – nochmal überprüft, bevor das Magazin endlich zur Druckerei kommt. Nach der endgültigen Druckfreigabe startet der Druck.
Abschließend hat unsere Klasse noch Fragen an Frau Woywode gestellt. Unter den Fragen war zum Beispiel die nach einem Jugendmagazins. Das letzte Jugendmagazin hatte Hinz&Kunzt vor sechs Jahren raus gebracht, „es ist also wieder an der Zeit“ so Frau Woywode. Das letzte Jugendmagazin wurde von Jugendlichen für Jugendliche geschrieben und zumindest in unserer Klasse würde ein Interesse bestehen bei so einem Magazin mitzuwirken und es in gedruckter Form zu kaufen. Es schloss sich die Frage nach einer digitalen Ausgabe an. Frau Woywode nach lesen zwar viele Menschen mehr auf dem Display als auf dem Blatt. Jedoch schätzen nicht Wenige eine gute physische Ausgabe. Hinz&Kunzt müsse also überlegen, wie beide Vorlieben kombinierbar sind. Ein weiteres Hindernis für die Digitalisierung sei natürlich, dass der physische Verkauf die zentrale Aufgabe des Magazins ist. Die Magazine werden von Wohnungslosen und Armen verkauft, wodurch sie etwas Geld dazu verdienen können. Aber nicht nur das Geld stünde im Vordergrund, sondern auch der verantwortungsvolle Umgang damit, indem die Verkäufer:innen in die Zeitschriften investieren müssen. Somit müsse realistisch abgeschätzt werden, wie viele Magazine man am Tag verkaufen kann. Außerdem gehe es auch um den sozialen Kontakt. Viele Obdachlose leben ein einsames Leben, sei es aus Scham oder aus Angst. Diese Lebenssituation sei für die bei vielen Obdachlosen vorhandenen psychischen Probleme sehr schlecht.
Außerdem seien viele Verkäufer:innen besonders stolz auf ihre Tätigkeit, da viele aus richtig schlechten Situationen kommen und durch den Magazin-Verkauf Hoffnung und Halt bekämen. All dies würde verloren gehen, wenn das Magazin nur noch digital verkauft würde.
Mit letzten Tipps für unser eigenes Zeitschriftenprojekt verabschiedete sich Frau Woywode von uns.

Das wichtigste laut Frau Woywode ist es, sich auf einen Schwerpunkt zu konzentrieren. Wenn man es nicht tut verzettelt man sich schnell, man beschäftigt sich zu sehr mit Nebensächlichem und bekommt kein starkes Ergebnis. Außerdem soll man auch viele aussagekräftige und passende Bilder und Grafiken verwenden, denn eine Zeitschrift, welche nur aus riesigen Textblöcken besteht ist nur für die wenigsten Leser:innen ansprechend. Und: Organisation und Zuverlässigkeit ist eine wichtige Voraussetzung!

Doran Urban und Leon Friederich