Geschichte der Fritz-Schumacher-Schule 1

Gründungsjahre

Die Staatsiedlung Langenhorn, wie sie heute um die Fritz-Schumacher-Schule am Timmerloh herum besteht, entstand ab 1918, als es darum ging, Versprechungen des Hamburgischen Senats aus der Kriegszeit umzusetzen, Wohnraum in Langenhorn zu schaffen. Anfang 1919 fasste die Hamburgische Bürgerschaft den Beschluss, eine Kleinhaussiedlung für Kriegsteilnehmer, Kriegsversehrte und kinderreiche Familien zu schaffen. Damit beauftragt wurde der Baudirektor (ab 1923 Oberbaudirektor) der Freien und Hansestadt Hamburg, Fritz Schumacher (1869-1947).

Fritz Schuhmacher, Quelle: https://stadtteilgeschichten.net

Schumacher plante eine in sich geschlossene Stadtrandsiedlung mit 800 Wohnungen sowie mit allen sozialen und wirtschaftlichen Einrichtungen, die für die Selbstversorgung und –verwaltung der Siedlung als notwendig erachtet wurden. „So waren Bauten für Schulen, Läden, Verwaltung und Polizei, Häuser für Lehrer, Ärzte und Handwerker sowie Grünanlagen, Kinderspielplätze und eine Gärtnerei vorgesehen. Die Gärten der Häuser waren jeweils so groß, dass eine Selbstversorgung und die Haltung von Kleinvieh ermöglicht wurden.“ 2

Die Baugeschichte der Siedlungsschule war geprägt von Improvisation, Geldmangel, Um- und Erweiterungsbauten sowie zahlreichen Baumängeln. Im August 1921 konnte schließlich mit dem Unterricht im sog. Schulpavillon begonnen werden, allerdings – wegen der hohen Schülerzahl – im Schichtunterricht in Vormittags- und Nachmittagsklassen.

Schnell wurde deutlich, dass der Schulpavillon nur eine Übergangslösung sein konnte. Ab 1922 gab es zahlreiche Bauerweiterungsanträge, ab 1927 dann Pläne für einen Neubau, der im Dezember 1928 begonnen wurde. Im Juni 1931 wurde das heute bestehende Schulgebäude schließlich eingeweiht.

Schulgebäude und pädagogisches Konzept

Während andere, Ende der 1920er Jahre von Schumacher geplante Hamburger Schulen im Stil der „Neuen Sachlichkeit“ geplant wurden (z. B. die heutige Stadtteilschule Winterhude, das Walddörfer-Gymnasium oder die Staatliche Handelsschule Wendenstraße), erinnert der Neubau der Langenhorner Siedlungsschule in seinem Äußerem stark an Schulbauten aus dem Kaiserreich (Heimatschutzarchitektur). Dennoch wurden in der Planung der Siedlungsschule reformpädagogische Ideen der 1920er-Jahre berücksichtigt, denen sich Schumacher nach und nach öffnete. Die Ermöglichung eines regelmäßigen Kunst- und Zeichenunterrichts (wie es die Kunsterziehungsbewegung Alfred Lichtwarks forderte), die Einrichtung von Werkstätten (ein Anliegen der Arbeitsschulbewegung Georg Kerschensteiners), die Berücksichtigung eines Gymnastikraums (heutige Kunsträume), einer Turnhalle (heutige Pausenhalle; Schumacher war ein Bewunderer des „Turnvaters“ Jahn), von Räumen für den naturwissenschaftlichen Unterricht sowie die Anlage eines Schulgartens entsprachen gänzlich dem Ansinnen der reformpädagogischen Bewegung der Weimarer Zeit. Die Siedlungsschule Langenhorn war zwar keine der vier Volksversuchsschulen in Hamburg, gehörte allerdings zum Kreis der Regelschulen, die sich ausdrücklich die Umsetzung reformpädagogischer Ideen zum Ziel gesetzt hat („Hamburger Schulengemeinschaft“). 3
Dabei war die Siedlungsschule Langenhorn von Anfang an Stadtteilschule im wahrsten Sinne des Wortes. Sie war Mittelpunkt der neu entstandenen Siedlung, Ort zahlreicher Siedlungsveranstaltungen und damit Bildungs- und Kulturstätte in einem oder in den Worten Fritz Schumachers eine „Schule als Volkshaus“.

Ausstattung des Schulgebäudes

Fritz Schumacher band in die Planung und Ausführung seiner Bauten auch bildende Künstler mit ein; so auch beim Neubau der Siedlungsschule Langenhorn. So war im damaligen Gymnastiksaal (heute Kunsträume) das Wandbild „Der Pferdeführer“ von Otto Thämer (1892-1975) zu sehen, das heute im Treppenaufgang im Westflügel angebracht ist. Ebenfalls im Westflügel ist das Kachelwandbild „Balkenträger“ (Bauarbeiter) von Jan Laß (1890-1958) zu sehen. Die Keramikbrunnen, die an mehreren Stellen im Schulgebäude zu finden sind, wurden von Richard Kuöhl (1880-1961) geschaffen. Im Treppenaufgang im Ostflügel befand sich bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten das von der Siedlergemeinschaft in Auftrag gegebene Wandbild „Verfassungsfeier“ von Walther J. Schneider, das aufgrund der republikanischen Thematik von den Langenhorner Nationalsozialisten abgekratzt wurde. An derselben Stelle malte dann Eduard Bargheer (1901-1979) im Jahr 1936 das heute noch zu sehende Wandbild „Landgewinnung“, nachdem die vom Langenhorner Ortsgruppenleiter vorgeschlagene Thematik „Hitler unter Kindern“ verworfen wurde. Auf Druck des Gauleiters musste Bargheer einige Korrekturen vornehmen, da es sich nach Ansicht der verantwortlichen Nationalsozialisten bei Bargheers ursprünglicher Fassung nicht um das Abbild einer deutschen Landschaft mit fröhlichen deutschen Arbeitern handle. 4

Zeit des Nationalsozialismus und unmittelbare Nachkriegszeit

Der Zeit des Nationalsozialismus wird in Georg Clasens Darstellung der Siedlung und ihrer Schule nur wenig Platz eingeräumt. Es wird zwar kurz über die Ablösung des Schulleiters und die Berufung eines (vermutlich linientreuen) Nachfolgers sowie über Auseinandersetzungen zwischen Hitlerjugend und Schule berichtet. Über Änderungen in der pädagogischen Arbeit finden sich in Clasen Beschreibung leider keine Ausführungen.
Zu Fritz Schumachers 75. Geburtstag am 5. November 1944 fand in der Siedlungsschule ein kleiner Festakt statt, bei der die Schule den heutigen Namen Fritz-Schumacher-Schule erhielt. Wie es dazu kam, dass der von den Nationalsozialisten im Mai 1933 in den Ruhestand versetzte Oberbaudirektor Fritz Schumacher noch während der Zeit der NS-Herrschaft Namensgeber der Siedlungsschule werden konnte, ist nicht geklärt. Georg Clasen führt aus, dass die Benennung der Schule „ein paar einsichtigen und wohlwollenden Männern der Schulverwaltung und Kulturverwaltung“ 5 zu verdanken war.
Das Schulgebäude am Heerskamp (später Timmerloh) wurde im Krieg zwar nicht durch Bombenangriffe zerstört, allerdings wurde die Schule insbesondere durch die Einquartierung eines SS-Ersatzbataillons schwer in Mitleidenschaft gezogen. Die Klassenräume wurden zu Kasernenstuben umfunktioniert, die Aula wurde zum Wohn- und Schlafplatz für 200 junge Männer einer estnischen und lettischen Einheit. Nach der Kapitulation des Deutschen Reiches und dem Abzug des SS-Ersatzbataillons wurden im verwahrlosten und verwüsteten Schulgebäude notdürftig Aufräumarbeiten durchgeführt, ehe britische Einheiten in die Schule einzogen und daraus eine Art Kaserne machten. 6 Im Laufe des Jahres 1945 räumten die britischen Soldaten 12 Klassenräume frei, damit für etwa 1 000 Kinder in 21 Klassen wenigstens Schichtunterricht möglich war. Im September 1945 stand dann das gesamte Schulhaus wieder für Unterricht zur Verfügung. 7

1950er und 1960er Jahre

Die in der Nachkriegszeit immer weiter steigenden Schülerzahlen führten dazu, dass die Kinder an der Fritz-Schumacher-Schule wie in den 1920er Jahren in Vormittags- und Nachmittagsschichten unterrichtet werden mussten. Eine Folge dieses Zustandes war eine organisatorische Trennung der Schule in die beiden Schulteile Heerskamp-Ost und Heerskamp-West, die von unterschiedlichen Männern unter dem Dach des Fritz-Schumacher-Schulgebäudes geleitet wurden. Im Jahr 1952 kam es zu einer Entlastung der angespannten Unterrichtssituation, da Räume der neu gegründeten Schule am Heidberg insbesondere von Kindern aus den nördlichen Teilen der Fritz-Schumacher-Siedlung bezogen werden konnten. Bis in die 1960er Jahre befand sich nicht nur die Volksschule mit ihren beiden Organisationseinheiten Heerskamp Ost und West in dem Schulgebäude, sondern auch eine Berufs- und Haushaltsschule (aufgelöst Mitte der 1950er Jahre), eine Hilfsschule (ab 1965 am Foorthkamp untergebracht) sowie das neu gegründete Gymnasium Langenhorn, das ab 1969 ebenfalls an den Foorthkamp umzog. 8

Fritz-Schumacher-Schule als Gesamtschule und Stadtteilschule 9

Nachdem in den 1950er-Jahren kurzfristig in Hamburg die sechsjährige Grundschule eingeführt und wieder abgeschafft, die Beobachtungsstufe für die Jahrgänge 5 und 6 eingerichtet wurde und Haupt- und Realschulklassen (bis 1982) parallel geführt wurden, kehrte im Jahre 1979 mit der Gründung der Gesamtschule Fritz-Schumacher-Schule eine gewisse schulstrukturelle Ruhe ein. Da die Fritz-Schumacher-Schule zunächst die einzige Gesamtschule in der Region war, konnte in den Anfangsjahren nie alle Schüler aufgenommen werden, die sich angemeldet haben. Erst mit der Neugründung weiterer Gesamtschulen entspannte sich die Lage für Schüler und Eltern, die die neue Schulform wählen wollten. „Der schon vor 1979 nicht mehr vorhandene Charakter einer reinen Siedlungsschule veränderte sich weiter in Richtung einer regionalen Angebotsschule“. 10
Im Jahr 1985 ging die noch junge Gesamtschule eine Kooperation mit dem Gymnasium Langenhorn am Standort Foorthkamp ein, um den Schülerinnen und Schülern eine Oberstufenperspektive bieten zu können. Das Gymnasium Langenhorn schloss im Jahr 2008 seine Pforten, woraufhin die Fritz-Schumacher-Schule die Räumlichkeiten und die Verantwortung für die Oberstufe übernahm. 1989 wurde die Einrichtung von Integrationsklassen beschlossen, ein Modell, das in den folgenden Jahren und Jahrzehnten konzeptionell immer weiter ausdifferenziert wurde.
Nachdem im Jahr 2010 die vom schwarz-grünen Senat angestrebte Primarschulreform (sechsjährige Grundschule) in einem Volksentscheid von den Hamburgern abgelehnt wurde, fand die vorerst letzte Schulreform statt, indem die Gesamt-, Haupt- und Realschulen zu Stadtteilschulen umgewandelt wurden. Im Zuge der Umwandlung zur Stadtteilschule kam es auch zu Veränderungen am Oberstufenstandort Foorthkamp. Die Fritz-Schumacher-Schule verantwortet nun gemeinsam mit der Stadtteilschule am Heidberg die Belange der Oberstufe und bietet Schülerinnen und Schülern insbesondere aus den beiden Langenhorner Stadtteilschulen ein vielfältiges Profilangebot, in dem die jungen Erwachsenen auf das Abitur nach 13 Jahren vorbereitet werden.

Dr. Ingo Straub, ehem. Didaktischer Leiter der Fritz-Schumacher-Schule

  1. Weite Teile der Informationen sind entnommen Clasen, Georg: Die Hamburger Staatssiedlung Langenhorn und ihre Schule. Die Geschichte einer Siedlung zwischen den Kriegen. Hamburg, 1947.
  2. https://www.gemeinschaft-fritz-schumacher-siedlung.de/siedlungsgeschichte.html
  3. Vgl. Lehberger, Reiner: Die Reformpädagogische Bewegung in Hamburg und der Schulbau Fritz Schumachers in den zwanziger Jahren. In: Fritz Schumacher Kolloquium e. V.: Wissenschaftliche Berichte 1/1996, S. 14.
  4. Johannes Böse: Erinnerungen an die Entstehung der Wandbilder in der Fritz-Schumacher-Schule. In: Eduard Bargheer, Retrospektive zum 100. Geburtstag. Ausstellungskatalog, Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf, 2001, S. 28-32.
  5. Clasen, Georg: Die Hamburger Staatssiedlung Langenhorn und ihre Schule. Die Geschichte einer Siedlung zwischen den Kriegen. Hamburg, 1947, S. 138.
  6. Düring, Theodor: Die Vorgeschichte des Baues unseres Schulhauses. In: Fritz-Schumacher-Schule: 1931-1956. Festschrift zum 25-jährigen Bestehen, S. 8
  7. Barfaut, John: 25 Jahre Fritz-Schumacher-Schule. In: Fritz-Schumacher-Schule: 1931-1956. Festschrift zum 25-jährigen Bestehen, S. 4.
  8. Vgl. Feddern, Jürgen in „De Börner“ Nr. 8, 1980.
  9. Vgl. Meyer, Gerd: Eine Schule für alle: Gesamtschule seit 1979. In: 80 Jahre Fritz-Schumacher-Schule 1920-2000, S. 27.
  10. Meyer, Gerd: Eine Schule für alle: Gesamtschule seit 1979. In: 80 Jahre Fritz-Schumacher-Schule 1920-2000, S. 27.